Allgemeinverfügung der Stadt Gera 23.04.2020

Allgemeinverfügung der Kreisfreien Stadt Gera

Diesen Beitrag als PDF downloaden

Vollzug des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz — IfSG)

I. Verweis auf Thüringer Recht

1. Es wird auf die Regelungen der Dritten Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-00V-2 (3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) vom 18.04.2020, zuletzt geändert am 23.04.2020 in der jeweils gültigen Fortschreibung verwiesen.

2. Es wird auf die Regelungen der Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 09.04.2020, zuletzt geändert am 18.04.2020 in der jeweils gültigen Fortschreibung verwiesen.

II. Allgemeinverfügung der Kreisfreien Stadt Gera

Der Oberbürgermeister der Stadt Gera ordnet als Gesundheitsamt gemäß §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 30 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz — IfSG) in der derzeit gültigen Fassung in Verbindung mit § 35 Satz 2 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) in der derzeit gültigen Fassung sowie in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO (Zulässigkeit weitergehender Anordnungen) in der derzeit gültigen Fassung folgende Allgemeinverfügung an:

§1 Grundsätzliche Pflichten

Um eine weiträumige Ausbreitung des Virus zu reduzieren, ist jede Person dazu aufgefordert, generell auf private Reisen, Ausflüge und Besuche — auch von Verwandten — zu verzichten.

§2 Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung im Öffentlichen Raum

(1) Jede Person hat bei Vorliegen der nachfolgend genannten Voraussetzungen eine Mund-Nasen-Bedeckung im Stadtgebiet der Stadt Gera zu tragen.

(2) Anerkannt als Mund-Nasen-Bedeckung gem. Abs. 1 ist jeder Schutz, der aufgrund seiner Beschaffenheit geeignet ist, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchen Partikeln durch Husten, Niesen, Aussprache zu verringern, unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie. Ausreichend sind daher auch selbstgenähte oder selbst hergestellte Stoffmasken, Schals, Tücher, Hauben und Kopfmasken sowie sonstige Bedeckungen von Mund und Nase. Die Mund-Nasen-Bedeckung soll eng anliegen und gut sitzen.

(3) Die Verpflichtung gern. Abs. 1 gilt für folgende Bereiche und Tätigkeiten:

1. bei der Inanspruchnahme und Erbringung von Dienstleistungen, bei denen sich der Mindestabstand von 1,50 m nicht durchgängig einhalten lässt,

2. das Betreten von Diensträumen von Handwerkern und Dienstleistern, öffentlichen Einrichtungen zur Wahrnehmung von Dienstleistungen und Angeboten,

3. das Betreten von öffentlichen Gebäuden wie Behörden,

4. das Betreten von Orten zur Abgabe von Speisen und Getränken zum Mitnehmen bzw. Ausliefern,

5. das Betreten und der Aufenthalt überdachter Verkehrsflächen von Einkaufszentren,

6. das Betreten und der Aufenthalt auf Wochenmärkten,

7. das Betreten und der Aufenthalt in öffentlichen Parks und parkähnlichen Anlagen, dies gilt für Hofwiesenpark, Küchengarten, Botanischer Garten, Dahliengarten, Tierpark, Park der Jugend und Spielwiese.

(4) Darüber hinaus gilt die Verpflichtung gemäß Absatz 1 für den Aufenthalt in geschlossenen Räumen mit mindestens einer nicht aus dem eigenen Haushalt stammenden Person (insbesondere auch die Arbeitsstätte).

(5) Die Verpflichtung nach § 2 Absatz 4 gilt nicht:

sofern der Mindestabstand von 1,50 m sichergestellt werden kann und wenn im Raum pro Person mindestens 20 qm zur Verfügung stehen oder ein Hygiene-und Infektionsschutzkonzept vorliegt.

(6) Ausgenommen von § 2 Absatz 4 ist der Aufenthalt in geschlossenen Räumen des privaten Wohnbereiches.

(7) In ambulanten Betrieben und Einrichtungen des Gesundheitswesens sind neben den erforderlichen Basishygienemaßnahmen, welche das Robert Koch-Institut empfiehlt, von Arztpraxen sowie von Dienstleistern die Maßnahmen der Psycho-, Physio- und Ergotherapie, Logopädie, medizinische Fußpflege und Ähnliche erbringen, der indikationsgerechte und risikoadaptierte Einsatz der folgenden Schutzkleidung (Mund-Nase-Schutz, Einweghandschuhen, Schutzkittel und Schutzbrille) sicherzustellen.

(8) Von der Verpflichtung gern. § 2 Absatz 1 ausgenommen sind Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres sowie Personen, denen die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung wegen Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar ist; dies ist in geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

(9) Die Verpflichtungen gern. § 2 Absatz 1 i.V.nn. Absatz 3 bis 4 gilt nicht für staatliche Schulen sowie Schulen in freier Trägerschaft. Die in diesen Einrichtungen erforderlichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen ergehen gesondert vom zuständigen Ministerium für Bildung und Jugend.

§3 Zutrittsvoraussetzungen für Einzelhandel, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe, Verhalten der Kunden beim Einkaufen sowie der Fahrgäste bei der Nutzung des ÖPNV und dem Verkehr mit Taxis

(1) Bei dem Einkauf in Geschäften des Einzelhandels ist durch die Inhaber sicher zu stellen, dass

1. die regelmäßig im direkten Kundenkontakt stehenden Oberflächen wie die Griffe von Einkaufs-/Transportwagen, Türklinken und Kabinentüren regelmäßig zusätzlich zu reinigen und ordnungsgemäß zu desinfizieren sind (d.h. insbesondere, dass für jeden Kunden ein ausreichend desinfizierter und trockener Einkaufswagen zur Verfügung zu stellen ist. Dabei sind die Flächendesinfektionsmittel streng nach den Anwendungshinweisen hinsichtlich der Einwirkzeit anzuwenden. Ein direkter Hautkontakt beim Kunden ist unbedingt zu vermeiden). Dem Personal ist geeignetes Handdesinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen.

2. im Bereich der Selbstbedienung mit unverpackten Lebensmitteln (wie bspw. Obst und Gemüse) den Kunden Einmalhandschuhe zur Verfügung gestellt werden und für deren ordnungsgemäße Entsorgung entsprechende Müllbehälter vorhanden sind.

3. geschäftsspezifische Maßnahmen und die konkrete Umsetzung schriftlich festzuhalten sind, einschließlich der ausführlichen Unterweisung der Mitarbeiter/innen. Es ist zu gewährleisten, dass die laufenden Dokumentationen von den zuständigen Behörden jederzeit vor Ort einsehbar sind und mindestens 4 Wochen aufbewahrt werden,

4. die Kunden durch gut sichtbare Aushänge und regelmäßige Durchsagen auf die Verpflichtung zur Abstandsregelung und der Einhaltung von Schutzmaßnahmen hingewiesen werden.

5. im Wartebereich vor und in den Einrichtungen und Geschäften gut sichtbare Abstandsmarkierungen anzubringen und deren Einhaltung regelmäßig zu überprüfen sind.

6. ein Betretungs- und Verkaufsverbot für Kunden ohne Mund-Nasen-Bedeckung besteht, wobei Mund und Nase gleichzeitig bedeckt sein müssen. 7. für den Eingangsbereich während der gesamten Öffnungszeiten Personal vorzuhalten ist, welches die Aufgaben nach Absatz 1 Nr. 1, 5, 6 sicherstellt.

(2) Ein Betretungs- bzw. Nutzungsverbot gilt für die Fahrgäste ohne Mund-Nasen-Bedeckung bei der Nutzung des ÖPNV und dem Verkehr mit Taxis. Die Nutzung des Vordereinstieges für Fahrgäste in Bussen und anderen Fahrzeugen ohne geschlossene Fahrerkabine ist untersagt.

(3) Für § 3 Abs. 1 Ziffer 6 und Abs. 2 gelten die Ausnahmetatbestände gemäß § 2 Abs. 8.

§4 Häusliche Quarantäne/Absonderung

(1) Im Fall der mündlichen oder fernmündlichen Übermittlung der Anordnung der häuslichen Quarantäne/Absonderung gegenüber der betroffenen Person durch das Gesundheitsamt der Stadt Gera, ist – bis zur schriftlichen Benachrichtigung durch das Gesundheitsamt der Stadt Gera – für diese Person bereits vorläufig untersagt:

1. die Wohnung zu verlassen

2. Besuch von Personen zu empfangen, die nicht dem Haushalt angehören.

(2) Ausgenommen von Absatz 1 Ziffer 1 sind

1. jeweils einmal täglich der Weg zum Postkasten bzw. zu den Abfallbehältern, wobei jedoch Handschuhe und eine Mund-Nasen-Bedeckung (Mund und Nase müssen bedeckt sein) zu tragen sind.

2. Wege im Rahmen von medizinischen Notfällen, wobei hier jedoch das Verbot der Nutzung von ÖPNV sowie Taxen gilt. Zudem hat sich die betroffene Person den Arztbesuch mit Datum und Uhrzeit von dem behandelnden Arzt bestätigen zu lassen.

(3) Weiterhin hat die betroffene Person jeden, der aus behördlichen oder tatsächlichen Gründen persönlichen Kontakt zu dieser aufnimmt, über die Quarantäne/Absonderung hinzuweisen. Dies gilt insbesondere gegenüber medizinischem Personal, Polizei, Feuerwehr, Ordnungsbehörde, Jugendamt, Vollstreckungsdienst und Lieferdienst, damit der notwenige Eigenschutz für die Kontaktperson erfolgen kann.

(4) Diese Regelungen gelten für alle Personen, die mit im Haushalt der unter häuslicher Quarantäne/Absonderung stehenden Person leben.

§5 Inkrafttreten

Diese Allgemeinverfügung tritt am 24. April 2020 in Kraft.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt Gera, Kornmarkt 12, 07545 Gera einzulegen.

Hinweise

Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 1 ThürVwVfG ist nur der verfügende Teil der Allgemeinverfügung öffentlich bekanntzumachen. Die Begründung dieser Allgemeinverfügung kann bei der Stadt Gera, Kornmarkt 12, Pforte, während der Öffnungszeiten montags bis donnerstags 09:00 — 15:00 Uhr und freitags 09:00 — 13:00 Uhr eingesehen werden. Der Volltext nebst Begründung kann ferner unter www.gera.de/coronavirus eingesehen werden. Diese Anordnung ist sofort vollziehbar. Das heißt, ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung (§§ 28 Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 8 IfSG, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 VwG0). Dies bedeutet, dass die Allgemeinverfügung auch dann befolgt werden muss, wenn sie mit einem Widerspruch angegriffen wird. Beim Verwaltungsgericht Gera, Rudolf-Diener-Str. 1 in 07545 Gera kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs beantragt werden.

Auf die Bußgeldvorschriften des § 73 Abs. 1 a Nr. 6 IfSG wird hingewiesen.

Gera, den 23. April 2020

Julian Vonarb

Oberbürgermeister